Englisch – eine indogermanische Sprache

Education01.jpgAus der Sicht eines Linguisten haben Englisch und Deutsch mehr gemeinsam als was man auf den ersten Blick vermuten möchte. Denn: beide gehören der gleichen Sprachfamilie an. Sie zählen zu den indogermanischen Sprachen. Innerhalb dieser Sprachfamilie werden beide sogar zum gleichen Zweig – nämlich dem der westgermanischen Sprachen – gerechnet.

Englisch ist also Deutsch? Beileibe nicht! Und das hat seine Ursache in der Sprachgeschichte des Englischen. Doch dazu später mehr.

Und hier sei eine kleine Zwischenfrage erlaubt, die uns wieder an den Anfang dieses Kapitels bringt: Was ist eine Sprachfamilie? – Unter Sprachfamilien versteht man Gruppen von Sprachen, die miteinander (mit großer bzw. größter Wahrscheinlichkeit) verwandt sind.

Die Untersuchung der Sprachfamilien begann man Ende des 18. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit beschäftigte die Sprachforscher die Frage, ob es nicht eine gemeinsame Ur-Sprache der Menschheit gegeben habe. Und so hat man begonnen, Sprachen zu untersuchen und auf gemeinsame historische Ursprachen zurückzuführen. Als Beispiel dürfte Ihnen die Gruppe der romanischen Sprachen bekannt sein. Als gemeinsame „Elternsprache“ dieser Gruppe hat man Latein identifiziert. Aus dieser Sprache entwickelten sich die „Tochtersprachen“ Französisch, Spanisch, Italienisch, Portugiesisch und Rumänisch – um nur die größten unter ihnen zu nennen.

Jetzt aber wieder zurück zu den indogermanischen Sprachen. Diese Familie kennzeichnet, dass alle frühen Formen der Nationalsprachen, die wir heute als Deutsch, als Niederländisch und eben auch als Englisch kennen, als Hauptmerkmal eine starke Flexion aller Wortarten aufwiesen. Das heißt, alle Wortarten (egal ob es sich um Substantive, Verben oder Adjektive handelt) wurden sehr stark gebeugt (also flektiert). Im Deutschen ist das heute zu weiten Teilen immer noch so. Es heißt zum Beispiel: das Kind, des Kindes, dem Kind, das Kind. Oder auch: ich gehe, du gehst, er/sie/es geht, wir gehen, ihr geht und sie gehen. Wörter werden also verändert, je nachdem, in welchem Fall (Substantive) oder in welcher Person (Verben) sie stehen.

Wenn Sie schon ein bisschen Englisch können, wissen Sie, dass im Englischen so gut wie keine Flexion stattfindet. Das Englische neigt zu einem sogenannten isolierenden Sprachbau. Damit ist gemeint, dass die Flexion der Wortarten unterbunden wird. Sie bleiben immer gleich.

Diese Tendenz zum isolierenden Sprachbau kann man in vielen indogermanischen Sprachen in ihrer Entwicklungsgeschichte beobachten. Wie diese Entwicklung für die englische Sprache abgelaufen ist, erzählt Ihnen das nächste Kapitel. Dort lesen Sie eine kleine Sprachgeschichte des Englischen.